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„Arbeitslosigkeit in Wien – geplante Maßnahmen“
Ergebnis der Arbeitsmarktpolitischen Sommergespräche des DSE-Wien .
Eine ausführliche Zusammenfassung. Unsere Gäste waren: NRin Heidrun Silhavy, SPÖ, NR Max Walch, BZÖ NR Karl Öllinger, Die Grünen und NR Walter Tancsits, ÖVP
An vier verschiedenen Terminen lud der DSE-Wien die Sozialsprecher der Parteien zum Gespräch. Geschäftsführerin Magª Josefine Brandstötter moderierte zum hochbrisanten Thema, die VertreterInnen von SPÖ, BZÖ, den Grünen und ÖVP kamen und präsentierten höchst unterschiedliche Lösungszugänge und abweichende Interpretationen der Arbeitslosenstatistik.
Vor einem fachkundigen Publikum, das sich aus vielen Mitgliedern des Dachverbandes zusammensetzte, ging es um die Zielgruppen, die hauptsächlich von der Arbeitslosigkeit betroffensind: ältere ArbeitnehmerInnen, Frauen, WiedereinsteigerInnen und Jugendliche. „Ein besonderes Interesse gilt den Randgruppen unserer Gesellschaft“, so Brandstötter, „Arbeitslose, die zu diesen Menschen in unserer Gesellschaft gehören und auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum Arbeit finden, wie Haftentlassene, ehemalige Suchtkranke oder psychisch Kranke, MigrantInnen und AsylwerberInnen, finden erschwert Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Qualifizierungen.
„Welche Maßnahmen würden Sie für diese Zielgruppen setzen?“ befragte Magª Josefine Brandstötter die Vertreter aus der Politik. In lebhaften Diskussionen nahmen die ExpertInnen sozialökonomischer Einrichtungen aus den Bereichen Beschäftigung und Beratung teil und informierten die SozialsprecherInnen über ihnen teilweise unbekannte Tatsachen aus der Praxis und eine Vielzahl an ungelösten Problemen.
Zusammenfassung von Aussagen von allen 4 Veranstaltungen
DSE-Wien: Aktive Arbeitsmarktpolitik muss bestehen bleiben.
Öllinger: Aktive Arbeitsmarktpolitik kann nicht eine Beschäftigungspolitik ersetzen. Wenn die Beschäftigungspolitik dazu führt, dass alle Personen, die nicht zu 150% funktionieren sondern nur noch zu 120% oder auch 80% aus den Betrieben ausgesteuert werden, weil sie nicht die Normleistung erbringen, das kann die aktive Arbeitsmarktpolitik allein nicht kompensieren. Arbeitsmarktpolitik kann substitutiv eingreifen, in dem sie am Individuum ansetzt oder bestimmte bestehende Defizite kompensiert. Der zweite Arbeitsmarkt ist für viele Menschen die zweite Wahl, solange er nicht eine bestimmte Wertigkeit erhält.
DSE-Wien: Keine Individualisierung des Problems Arbeitslosigkeit und Schaffung Existenz sichernder Arbeitsplätze.
Tancsits: Individualisierung des Problems Arbeitslosigkeit, darf es nicht und wird es nicht geben.
Silhavy: Gesellschaftspolitisch kann man das nur immer wieder in der Öffentlichkeit auch aufzeigen, viele andere Möglichkeiten hat man da ja nicht, die Frage ist, ob Wirtschaftspolitik und Gesetzeslagen sich daran orientieren.
DSE-Wien: Arbeitslosenanwaltschaft, braucht es diese?
Öllinger: Das war unsere Idee. Arbeitslose, die keine Vertretung haben, oder immer nur von ArbeitnehmerInnenvertretungen mit vertreten wurden, sich selbst vertreten sollen. Es gibt einen Interessensgegensatz zwischen Arbeitenden und nicht Arbeitenden.
DSE-Wien: Ausbau und Differenzierung der Angebote für Menschen mit psychischen Problemen?
Öllinger: Man sollte zu einem flexibleren Einsatz und auch weg von quantitativen Standards kommen soll. Gerade für diese Gruppe kann es nicht heißen, dass man die zu den überangepassten ArbeitnehmerInnenn machen kann.
DSE-Wien: Angebot für WiedereinsteigerInnen im Beschäftigungsbereich ausbauen.
Öllinger: Es braucht eine Förderung und einen Anreiz für kürzere Karenzzeiten, einen sanften Einstieg, eine Ermutigung zum partnerschaftlichen Wiedereinstieg, wo beide Teile reduzieren und dann mit Teilzeit wieder einsteigen können.
DSE-Wien: Es braucht wieder ein Budget für experimentelle Arbeitsmarktpolitik
Tancsits: Ich bin ein Anhänger der experimentellen Politik. Ich denke an Kombilohnmodelle für Arbeiten, für die Auftraggeber nicht eine entsprechende Entlohnung zahlen, z.B. an die aktuelle Betreuungssituation älterer Leute, wo es völlig gerechtfertig ist, dass hier der Staat aus Steuermittel etwas zuschießt. Und zweites dort, wo es uns dazu dienen kann, Gruppen, Menschen, mit einem Handicap, wieder in den Arbeitsmarkt eintreten.
Silhavy: Ich glaube, dass der experimentelle Teil der Arbeitsmarktpolitik auch wieder verstärkt werden muss und das geht nur gemeinsam mit Angeboten, die diese Projektträger für diese Gruppen machen und Rahmenbedingungen, die wir über die Politik ermöglichen müssen.
Walch: Aktive Arbeitsmarkpolitik ist das wichtigste was es gibt, weil Beschäftigung aktive Arbeitsmarktpolitik heißt nach meinem Erachten, ich muss Arbeit schaffen, wenn ich Arbeit schaffe, dann hab ich auch dementsprechend Arbeitsplätze zur Verfügung.
DSE-Wien: Thema Jugendarbeitslosigkeit
Silhavy: Mein Beispiel von Jugendstiftungen, Lehrlingsstiftungen und Sozialstiftungen, die ja jetzt erst in der Experimentierphase sind, weil Stiftungen eben eine Möglichkeit sind, länger, nachhaltiger und auch mit anderen Qualitätskriterien was für die Menschen zu tun.
Wir haben ein Programm, das dazu beitragen soll die Jugendarbeitslosigkeit zu halbieren, ich glaube der wesentliche Punkt ist das Angebot von niederschwelligen Bereichen.
Frage aus dem Publikum: Wir haben den Auftrag TeilnehmerInnen innerhalb des ersten halben Jahres in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, was für jemanden, der von der Straße kommt, suchtkrank ist oder obdachlos ist, kaum möglich ist. Wer zahlt das?
Tancsits: Ich glaube die Problematik liegt darin, dass wir in Wahrheit für bestimmte Krankheitsbilder keine Therapien haben. Wir wissen das – nicht nur politische, sondern auch medizinisch.
Problembeschreibung zum Thema Suchterkrankung aus dem Publikum: Suchterkrankte Personen sind sehr wohl arbeitsfähig, wir dürfen die Leute nur ein Jahr lang beschäftigen. Manche bräuchten etwas mehr Zeit und es wäre dann ein Erfolg sehr wohl erzielbar.
Tancsits: Ja das ist ein Verwaltungsmangel. Die Bestimmung, dass sie nach einer Langzeittherapie bei ihnen nicht beginnen können.
Frage aus dem Publikum:
Können Sie sich vorstellen, die Behindertenausgleichstaxe deutlich zu erhöhen?
Tancsits: Im Rahmen eines Gesamtpaketes kann darüber geredet werden. Das kann aber nicht von der Politik kommen. Ich könnte niemandem von der Politik raten, vorzuschlagen, dass der Kündigungsschutz für Behinderte gelockert wird.
DSE-Wien: Gleichberechtigte Förderung für MigrantInnen, Asylberechtigte und subsidiär Schutzbedürftige?
Öllinger: ImmigrantInnen sind in einer anderen Situation als Asylberechtigte oder AsylwerberInnen. Bei ImmigrantInnen glaube ich, dass wir zusehends auf eine Kluft zusteuern. So wie unser Bildungssektor organisiert ist, entstehen absolute Defizite, die sich nicht mehr kompensieren lassen. Im Bereich der AsylwerberInnen muss es Beschäftigungsmöglichkeiten geben.
» Erstellt am 09.10.2006 «